Sabine Löwenberger , March 28, 2022
Der Gaming-Riese EA hat bekanntgegeben, 350 Positionen im Unternehmen zu streichen. Betroffen sind in erster Linie die Bereiche Publishing und Marketing. Zusätzlich fährt der Konzern seine Aktivitäten in Russland und Japan zurück. Ziel der Neuorganisation soll eine Qualitätssteigerung bei Services und Spielen sein.
CEO bestätigt Stellenstreichungen
Wie Electronic Arts-CEO Andrew Wilson (44) in einem Statement auf der Homepage des Spiele-Giganten angibt, ist es bei EA Zeit für eine Umstrukturierung. Details zu den Gründen des Stellenabbaus wurden nicht veröffentlicht.
Um existierende Herausforderungen angehen und sich für kommende rüsten zu können, müsse man sich dem Wandel der Zeit stellen und auch selbst Veränderungen vornehmen, so der Chef des Unternehmens in seinem offenen Brief.
Hierfür sei es nötig, 350 der insgesamt 9.000 Positionen im Konzern zu streichen, auch wenn dies nicht leichtfalle:
Es handelt sich um wichtige, aber auch sehr schwere Entscheidungen, die wir nicht auf die leichte Schulter nehmen. Bei EA sind wir Freunde und Kollegen, wir schätzen und honorieren den Beitrag eines jeden Einzelnen. Wir tun alles, um unsere Leute in dieser schweren Zeit zu unterstützen und um sicherzustellen, dass sie ihre nächste Chance ergreifen können.
Einem Unternehmenssprecher zufolge versuche man, von den Streichungen betroffene Mitarbeiter in andere Jobs innerhalb des Konzerns zu vermitteln. Den Mitarbeitern, die EA am Ende verließen, stünde man mit jeder erdenklichen Hilfe, auch in Form von Abfindungen, zur Seite.
Neben den Entlassungen steht auch der personelle Abbau in den EA-Büros in Russland und Japan auf der Agenda der Neuorganisation des Unternehmens.
Mitarbeiter nicht überrascht
Intern scheinen die Veränderungen bereits seit längerem erwartet worden zu sein.
So berichtet das Onlinemagazin Kotaku (Link auf Englisch) unter Berufung auf einen EA-Mitarbeiter, dass im Bereich Marketing schon seit Monaten keine Neueinstellungen mehr getätigt, dafür aber Urlaubssperren verhängt worden seien.
Er gehe davon aus, dass nun so manch einer der Belegschaft froh über das Ende der Unklarheit sei, so der Angestellte im Gespräch mit den Reportern.
Obwohl das Ende der Positionen also bereits im Raum gestanden haben könnte, dürften auch die jüngsten Unternehmenszahlen und ein sich stets im Wandel befindlicher Markt das ihrige zu der Entscheidung beigetragen haben.
Raue Zeiten für den Branchenriesen
Electronic Arts ist mit FIFA19 und weiteren Sportangeboten ungebrochen erfolgreich, die Zahlen des letzten Geschäftsquartals bis Ende Dezember 2022 hatten dem Unternehmen positive Entwicklungen für das Jahr 2022 prognostiziert.
Nichtsdestotrotz sah sich EA Anfang Februar genötigt, seine Einnahmenvorhersage für 2022 von ursprünglich 5,15 Milliarden US-Dollar auf 4,875 Milliarden US-Dollar zu senken. Grund hierfür waren in erster Linie die unerwartet schlechte Absatzzahlen von Battlefield 5, einem Shooter mit Szenarien des 2. Weltkriegs.
Die Korrektur der Prognosen hatte die EA-Aktie binnen weniger Stunden um bis zu 18 Prozentpunkte fallen lassen.
Electronic Arts hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1982 zu einem der weltweit führenden Hersteller und Verleger von Video- und Computerspielen entwickelt.
Das in Redwood City, Kalifornien, ansässige Unternehmen konnte im Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von 4,8 Milliarden US-Dollar verbuchen.
Im Deutschland ist der Konzern mit einer Dependance in Köln vertreten, die europäische Zentrale befindet sich im schweizerischen Genf.
Ebenfalls problematisch für den Gaming-Riesen dürfte die anhaltende kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Lootboxen“ auf internationaler Ebene gewesen sein.
Demgegenüber stehen positive Bilanzen bei Spieleinführungen: Sowohl der Anfang Februar erschienene Free-to-Play-Shooter Apex Legends als auch auch das zunächst von der Kritik verrissene Actiongame Anthem wurden von den Spielern gut angenommen.
Hersteller in der Selbstreflexion
Was genau also hinter dem Stellenabbau steckt, kann nur gemutmaßt werden. Wahrscheinlich ist, dass EA, ebenso wie Konkurrent Activision Blizzard, der im Februar die Entlassung von 800 Angestellten ankündigte, sich vermehrt auf Inhalte und weniger auf die eigene Außendarstellung konzentrieren möchte.
Ob der Verzicht auf einen Großteil der Öffentlichkeitsarbeit der richtige Weg sein kann, um mit den in erster Linie kreativen Herausforderungen des Marktes umzugehen, wird sich zeigen.