Michael Voigt , June 20, 2022
Mit Vorstellung des Koalitionsvertrags zwischen CDU, FDP und Grünen nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein stehen die Zeichen für den 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrag auf Sturm. In der Regierungsvereinbarung der drei Parteien wird diesem nämlich eine Absage erteilt. Damit werden Neuverhandlungen erforderlich. Denn nur, wenn alle Bundesländer den Vertrag ratifizieren, werden die neuen Regelungen auch rechtskräftig. Der 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrag war im März 2022 auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin als Gesetzesnovelle beschlossen worden. Er regelt vornehmlich die Lizenzvergabe für Sportwetten. Schleswig-Holstein plant nun, gemeinsam mit anderen Bundesländern wie etwa Nordrhein-Westfalen, eine eigene Glücksspielregulierung nach seinem landeseigenen Modell von 2012 auf den Weg zu bringen. Das neue Konzept soll neben Sportwetten auch das bisher stark vernachlässigte Online Glücksspiel inklusive Online Casinos und Online Poker abdecken.
Regulierungsbündnis mit anderen Bundesländern anvisiert
Am Freitag, dem 16. Juli 2022, hat das neue Regierungsbündnis in Schleswig-Holstein seinen Koalitionsvertrag veröffentlicht. Im Vorfeld hatte bereits Grünen-Politiker Rasmus Andresen angekündigt , seine Partei werde sich in den Verhandlungen gegen die bestehende Gesetzgebung und für eine Neuordnung aussprechen. Die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen behandelt in ihrem Koalitionsvertrag in einem kurzen, aber dennoch aussagekräftigen Abschnitt im Rahmen der Haushalts- und Finanzpolitik das Thema Glücksspiel. Dort heißt es konkret:
„Die Koalition wird dem zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrag im Parlament nicht zustimmen. Schleswig-Holstein wird den Glücksspielstaatsvertrag kündigen und mit anderen Ländern (z.B. Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen) nach einer tragfähigen, europarechtskonformen Lösung für den gesamten Bereich der Sportwetten einschließlich des Online Casinospiels sowie des Pokerspiels suchen, die sich an den Regelungen des bis 2013 gültigen Glücksspielgesetzes Schleswig-Holstein orientiert.“
Das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz galt von 2012 bis 2013. Es erlaubte Kiel eine liberale Vorgehensweise und ermöglichte die Vergabe von glücksspielrechtlichen Lizenzen an Anbieter aus allen Marktsegmenten. Es endete mit dem Beitritt Schleswig-Holsteins zum 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags von 2012, dem sich das Bundesland erst verspätet anschloss.
Sportwettenverband fordert Neuverhandlungen
Der Deutschen Sportwettenverbands (DSWV) drängt mit dem Scheitern des 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrags auf zeitnahe Neuverhandlungen. Ziel müsse es sein, das gesamte Regulierungsmodell in Deutschland zu hinterfragen und endlich eine effiziente Sportwettenregulierung zu etablieren. Dabei dürften Werte wie Verbraucher- und Jugendschutz nicht auf der Strecke bleiben, wie Präsident Mathias Dahms betonte:
„Nach dem Scheitern der Novelle ist es an der Zeit, den Staatsvertrag grundlegend neu zu konzipieren. Wir benötigen endlich eine qualitativ hochwertige und marktkonforme Sportwettenregulierung in Deutschland. Nur so können wir sicherstellen, dass Verbraucher- und Jugendschutz gewährleistet sind. Der DSWV steht jederzeit als Ansprechpartner für eine Neufassung der Sportwettenregulierung zur Verfügung.“
Schleswig-Holstein habe in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass es durchaus in der Lage ist, ein funktionierendes und vor allem rechtssicheres Regelwerk aufzustellen. Positiv herauszustellen sei auch, dass die schleswig-holsteinische Gesetzgebung stets Zuspruch seitens der EU-Kommission und 2014 auch vom Europäischen Gerichtshof in Form einer offiziellen Bestätigung erfahren habe. Im Gegensatz dazu sehen sich die bundesweiten Glücksspielstaatsverträge seit jeher mit Kritik konfrontiert. So sollte der 2. Glücksspieländerungsstaatsvertrag ursprünglich die Mängel des 1. Glücksspielstaatsvertrags im Bereich der Lizenzvergabe an Sportwettenveranstalter ausmerzen. Stattdessen erntet der Vertrag jedoch anhaltende Kritik seitens der Gerichte und der EU.
Mehr Förderung für Landesportverband dank neuer Regulierung
Mit Hilfe der Steuereinnahmen aus einem neuen Regulierungsmodell für Schleswig-Holstein wollen CDU, FDP und Grüne auch den Sport stärken. Laut Koalitionsvertrag verfolge man den Ausbau verschiedener sozialer Zwecke:
„Die Einnahmen sollen auch dazu dienen, Prävention, Verbraucherschutz, Breitensport und Gemeinnützigkeit zu stärken.“
Explizit wird im weiteren Verlauf des Vertrags unter der Rubrik „Sport“ angekündigt, die Förderung des Landessportverbands merklich anzuheben. Dies solle mit den Mitteln aus der Neuordnung finanziert werden.