Neue Umsatzsteuerregelung der EU beschert Online Casinos ungewisse Zukunft in Deutschland
Stefanie Müller , April 28, 2022
Zum Januar 2022 trat das neue Umsatzsteuergesetz der Europäischen Union auf den Verkauf von Waren und Dienstleistungen im Internet in Kraft. Dessen Ziel soll die gerechtere Verteilung der aus der Branche erwirtschafteten Umsatzsteuern unter den EU Staaten sein. Als der bestimmende Faktor, an wen die Unternehmen die Umsatzsteuer nun letztendlich entrichten müssen, gilt nicht mehr der Hauptsitz des Anbieters, sondern der Aufenthaltsort des Endabnehmers beim Kauf.
Vor allem große Internetfirmen wie Google, Apple oder Amazon hatten ihren Hauptsitz in den letzten Jahren in Ländern mit vergleichsweise günstiger Umsatzsteuer gemeldet und von dort aus den gesamten EU-Raum bedient. Die Umsatzsteuer wurde dementsprechend in dem EU Land des Firmensitzes fällig und nicht in dem Staat des Käufers, in dem die eigentliche Kaufhandlung abgewickelt wurde. Dem schiebt die EU mit ihrem neuen Umsatzsteuergesetz nun einen Riegel vor. Jedoch betrifft das neue Gesetz nicht nur die Internet-Riesen. Deutsche Kunden müssen nun auf sämtliche Käufe oder erbrachte Leistungen von Internetfirmen aus dem EU Ausland 19 % Umsatzsteuer entrichten.
Auch Online Casinos, die ihren Sitz häufig in Staaten wie Malta oder Gibraltar haben, sind von den Neuregelungen betroffen. Jeder Anbieter von Online Echtgeldspiel in Casinos, Pokerräumen und Lotterien muss nun 19 Cent von jedem in Deutschland auf das Casino Konto eingezahlten Euro an den deutschen Fiskus abführen. Den Anbietern werden dadurch alleine für den deutschen Markt Einbußen in Milliardenhöhe vorausgesagt.
Die Bundesregierung pocht trotzdem auf die strikte Einhaltung der neuen Gesetze. Während andere EU Staaten Glücksspielanbietern im Allgemeinen eine Befreiung von der Umsatzsteuer zugestehen, gibt es diese Steuerbefreiung in Deutschland nur für die staatlichen Spielbanken, Sport- und Pferdewetten und staatliche Lotteriegesellschaften.
Online Casinos und Pokerseiten sollen voll zur Rechenschaft gezogen werden und bereits im Vorfeld des Inkrafttretens der Gesetzesänderung drohte Deutschland den hierzulande zugänglichen Online Casinos an, Zahlungen von und an virtuelle Glücksspiel Etablissements mit Hilfe der deutschen Banken und den Anbietern anderer Online Zahlungsmethoden komplett zu blockieren, wenn sich diese in Zukunft nicht an die Steuervorschriften halten sollten.
Nach Einschätzung zahlreicher Europarecht-Experten bleibt den Anbietern von Online Glücksspiel aus dem EU Ausland also nur die Option, Umsatzsteuer für die in Deutschland erbrachten Leistungen zu bezahlen oder den Markt zu verlassen. Nach deutschem Steuerrecht macht sich der leitende Direktor des EU-Unternehmens bei nicht entrichteten Steuern von mehr als 50.000 Euro im Jahr nämlich der Steuerhinterziehung schuldig und muss damit rechnen, zu einer Haftstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren verurteilt zu werden. Die bislang in einer rechtlichen Grauzone operierenden Online Casinos können nun aufgrund der neuen Steuergesetzgebung vom deutschen Staat zur Rechenschafft gezogen werden. Es ist wahrscheinlich, dass von den deutschen Behörden eine Strafverfolgung gegen die Verantwortlichen der Firmen eingeleitet wird, sollte sich ein europäischer Anbieter von Online Glücksspiel nicht an die neue Gesetzgebung halten und wie bisher keine Umsatzsteuer an Deutschland abführen.
Bereits seit Ende 2014 machen sich nun die ersten Auswirkungen der Neuregelungen des EU Steuerrechts, vor allem für die deutschen Nutzer von Online Glücksspiel Anbietern aus dem EU Ausland, bemerkbar. Nachdem sich bereits einige kleinere Pokerseiten vom deutschen Markt komplett zurückgezogen haben, warteten nun auch mehrere in Deutschland als etabliert geltende Anbieter mit Erhöhungen des Rake auf und beschnitten das Bonus- und Promotionsprogramm für deutsche Kunden. Damit sollen die Steuerverluste an anderer Stelle zu Lasten des Endbenutzers ausgeglichen werden. Auch die Firma Playtech, die gleich hinter mehreren europäischen Online Casinos steht, gab bereits im Januar bekannt, dass sämtliche Playtech Casinos aufgrund der EU Umsatzsteuerreglung und der unsicheren, allgemeinen Rechtslage zum Online Glückspiel in Deutschland nun ab Februar keine neuen deutschen Nutzer mehr akzeptieren würden. Andere Online Casinos forderten ihre Kunden mit einem E-Mail Rundschreiben zu einer Bestätigung der neuen AGBs des Casinos auf, die den Kunden dazu verpflichtet, seinen Aufenthaltsort anzugeben, bevor er das Glücksspiel beginnt.