Online Glücksspiel in Deutschland seit Januar 2022 von Umsatzsteuer betroffen
Was ursprünglich als allgemeine Neuregelung für den europäischen Markt für erbrachte Internetdienstleistungen angedacht war, entpuppt sich mittlerweile vor allem für Online Casinos und Internet Zocker als großer Einschnitt. Das zum 01. Januar 2022 in der gesamten Europäischen Union in Kraft getretene Gesetz besagt, dass die Firmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen von ihrem Sitz in einem Land der europäischen Union aus anbieten, nun nicht mehr unter dessen Umsatzsteuerabgabepflicht fallen. Stattdessen muss die Steuer an den Staat entrichtet werden, in dem sich der Kunde zum Zeitpunkt des Kaufes aufhält. Eigentlich sollte damit verhindert werden, dass sich Internet-Riesen wie Amazon, Google oder Apple in EU Ländern, in denen geringe oder keine Umsatzsteuerabgaben auf Online Handel anfallen, niederlassen und von dort aus den gesamten europäischen Markt bedienen. Im konkreten Fall für den Konsumenten in Deutschland bedeutet das also, dass man als Endverbraucher auch auf Online Produkte aus dem EU Ausland nun 19 % Umsatzsteuer entrichten muss, die der Anbieter dann nachträglich an den deutschen Staat abführt.
Spätestens seit dem iGaming Kongress im Oktober 2014 in Berlin, wurde durch eine offizielle Bekanntmachung klar, dass die Umsatzsteuer Neuregelung der EU in Deutschland nun auch für Online Casinos und andere Anbieter für Glücksspiel im Internet greifen wird.
Wie macht sich die Gesetzesänderung für deutsche Nutzer von Online Casinos bemerkbar?
- Anbieter, die sich nicht an die Steuergesetze halten, begehen Steuerhinterziehung
- Vom Spieler bei diesen Anbietern erzielte Gewinne sind illegal und können blockiert oder eingezogen werden
- Beschränkungen des Datenschutzes der Spieler
- Online Casinos verlassen den deutschen Markt
- Rake-Erhöhungen auf Pokerseiten
Deutsche Regierung macht ernst - Bezahlen oder Strafverfolgung
Im Vergleich zu zahlreichen anderen EU-Staaten, die sowohl den realen Casinos und Spielbanken, als auch den Online Casinos eine Befreiung von der Umsatzsteuer zugestehen, fährt die Bundesregierung harte Geschütze auf, um die strikte Einhaltung der neuen Gesetze zu gewährleisten. Bereits im Vorfeld des Inkrafttretens der Gesetzesänderung drohte Deutschland den hierzulande zugänglichen Online Casinos an, Zahlungen von und an virtuelle Glücksspiel Etablissements mit Hilfe der deutschen Banken und den Anbietern anderer Online Zahlungsmethoden komplett zu blockieren, wenn sich diese nicht an die Steuervorschriften halten würden.
Experten für Glücksspielrecht in Deutschland sehen daher für die Online Casinos und Pokerseiten, egal ob aus Malta, Gibraltar oder Isle of Man nur eine Möglichkeit: Umsatzsteuer für die in Deutschland erbrachten Leistungen zu bezahlen oder den Markt zu verlassen. Nach deutschem Steuerrecht macht sich der leitende Direktor des EU-Unternehmens bei nicht entrichteten Steuern von mehr als 50.000 Euro im Jahr nämlich der Steuerhinterziehung strafbar und muss damit rechnen, zu einer Haftstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren verurteilt zu werden.
Auch das Argument, dass sich das Online Glücksspiel in Deutschland sowieso in einer nicht regulierten, rechtlichen Grauzone bewege, kann nicht als gültig betrachtet werden. Es wird im Gesetzestext ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle Firmen mit Lizenz und Sitz in einem Land der EU betroffen sind. Der Rechtsstatus des Anbieters und Angebotes im Land des Kunden ist also zunächst einmal egal.
Folgen für die deutschen Nutzer von Online Casinos
Neben all den Streitigkeiten zwischen Internet Glückspielanbietern und dem deutschen Staat stellt sich nun natürlich die Frage, inwiefern die deutschen Nutzer von Online Casinos und Pokerseiten betroffen sein werden. Gerade der deutsche Glücksspielmarkt zählt zu einem der größten weltweit. "Der Spiegel" hatte für das Jahr 2013 eine unglaubliche Summe von 70 Milliarden Euro errechnet, die in Deutschland oder von Deutschland aus im Glücksspielsektor umgesetzt wurde, 48 Milliarden davon in staatlich regulierten angeboten wie Spielbanken, Spielhallen oder den staatlichen Lotterien und lizenzierten Sportwettangeboten. Der nicht regulierte Online Markt machte dem Bericht zufolge immerhin 17 Milliarden Euro aus.
Die bislang in einer rechtlichen Grauzone operierenden Online Casinos können nun also dank der neuen Steuergesetzgebung vom deutschen Staat zur Rechenschafft gezogen werden. Es ist wahrscheinlich, dass von den deutschen Behörden eine Strafverfolgung gegen die Verantwortlichen der Firmen eingeleitet wird, sollte sich ein europäischer Anbieter von Online Glücksspiel nicht an die neue Gesetzgebung halten, also wie bisher keine Mehrwertsteuer an Deutschland abführen. Wer dann als Spieler noch Guthaben auf den Konten der betroffenen Casino oder Pokerseiten hat, muss damit rechnen, dass dieses im schlechtesten Fall vom deutschen Staat eingezogen wird oder dieser zumindest die Zahlung blockiert. Zudem wäre es sogar möglich, bei einer nachträglichen Verurteilung wegen des Spiels auf einer nach einem Steuervergehen illegalen Glücksspielseite, zu einer Geldstrafe und der Abgabe seiner Gewinne gezwungen zu werden.
Bereits seit Ende 2014 machen sich diesbezüglich Änderungen im Angebot zahlreicher virtueller Glücksspielräume bemerkbar. Einige kleinerer Pokerseiten haben sich bereits komplett vom deutschen Markt zurückgezogen. Die Branchenriesen warteten dagegen mit Rake-Erhöhungen (u.a. Turniergebühren) auf, die die durch das neue europäische Umsatzsteuergesetz entstandenen Verluste für das Unternehmen auf Kosten des Endbenutzers ausgleichen sollen. Von einigen Online Casinos gab es eine Aktualisierung der AGB, die nun eine unerlässliche Standortbestimmung der Nutzer festschreiben.
Die meisten Anbieter von Online Glücksspiel lassen ihre Kunden jedoch im Dunkeln. Ob es sich nun um ein nach europäischem Steuerrecht praktizierendes Unternehmen oder einen potenziellen Steuerstraftäter handelt, ist für den Nutzer nur in den seltensten Fällen einsehbar.
Deutsche Glückspielgesetze weiterhin umstritten
Die Zukunft des Online Glückspiels in Deutschland bleibt derweil bis auf weiteres ungewiss. Bereits seit über zehn Jahren kommt es fortlaufend zu Klagen und Gerichtsverhandlungen zwischen deutschen Behörden und europäischen Betreibern von Online Casinos und Pokerräumen. Oft sind sich nicht einmal die deutschen Gerichte einig, wie der Glücksspielstaatsvertrag, das Gesetzmanifest zur Regulierung des deutschen Glücksspielmarktes, nun in den einzelnen Fällen zu interpretieren sei.
Der Vertrag besagt grundsätzlich, dass Glücksspiel im Internet in Deutschland verboten ist. Jedoch wird an anderer Stelle im gleichen Gesetzestext von möglichen Ausnahmeregelungen gesprochen, die jedoch nicht klar definiert werden. Hinzu kommt, dass das Bundesland Schleswig-Holstein beim Erlass der neuesten Version des Glücksspielstaatsvertrages im Jahr kurzzeitig ausscherte und einige offizielle Lizenzen an Anbieter von Online Casinos, Sportwetten und Pokerräume vergab, die bis heute gültig sind, auch wenn sich das norddeutsche Bundesland mittlerweile dem Staatsvertrag wieder angeschlossen hat.
Auch die EU-Gesetzgebung widerspricht dem Glücksspielstaatsvertrag, da das Wirtschaftsrecht der EU Unternehmen erlaubt, ihre Dienstleistung und Waren in allen EU Staaten anzubieten, wenn diese über eine gültige Lizenz in einem Staat der Europäischen Union verfügen.
So ist ein deutsches Gericht bei einem Verfahren gegenüber eines Glücksspiel Online Anbieters oder auch Spielers in der Bringschuld. Es muss nachgewiesen werden, dass die Lizenz des Unternehmens mit Sitz im EU Ausland nicht den Verbraucherschutzan-forderungen in Deutschland entspricht und die zuständige Aufsichtsbehörde des EU Landes ihre Kontrollpflichten gegenüber dem Glücksspielanbieter weniger gründlich ausführt, als es eine vergleichbare deutsche Behörde tun könnte.
Präzedenzfall fürs Online Glücksspiel in Deutschland?
Bislang wurde bei mehreren Millionen Nutzern besagter umstrittener Internet Glücksspielangebote in Deutschland tatsächlich noch kein Spieler rechtskräftig verurteilt, was bei den widersprüchlichen rechtlichen Sachverhalten niemanden verwundern dürfte. Nun kam es jedoch vor dem Amtsgericht München zu einer Entscheidung, die weitreichende Folgen nach sich ziehen könnte.
Ein deutscher Spieler hatte im Jahr 2011 über mehrere Monate hinweg über 100 000 Euro beim Blackjack in einem Online Casino eingesetzt und sich letztendlich gut das Doppelte auf sein deutsches Bankkonto auszahlen lassen. Die AGBs des Internet Casinos besagten jedoch ausdrücklich, dass man mit deren Zustimmung bestätige, dass man sich während dem Spiel in einem Land aufhalte, das Online Glücksspiel nicht per Gesetz untersagt. Der Spieler wurde nun im Jahr 2014 vom Amtsgericht München verurteilt und muss nicht nur den Rest des verbliebenen Gewinns, den er noch nicht ausgegeben hat, zurückzahlen, sondern auch noch 70 Tagessätze als Folge der Straftat.
Als Präzedenzfall sei dies jedoch nicht zu werten, sind sich mehrere auf Glücksspiel spezialisierte Anwälte wie Hambach & Hambach aus München einig. Zum einen ist der Tatbestand im Jahr 2011 nach altem Glücksspielstaatsvertrag verhandelt worden und nicht nach der aktuellen Fassung von 2012, zum anderen stehen weitere Instanzen, zunächst vor dem bayerischen Landesgericht, noch aus.
Die Zukunft des Online Glücksspiels in Deutschland
Im Grunde bleibt also die rechtliche Grauzone, in der sich Online Casinos bewegen, nach wie vor bestehen. Trotz des Internet Glücksspielverbots in Deutschland ist dank der schwammigen Formulierungen des Glücksspielstaatsvertrages und der widersprüchlichen EU Gesetzgebung nicht letztendlich geklärt, ob man sich nun als Nutzer des Online Angebotes von Casinos strafbar machen kann oder nicht. Trotzdem bleibt anzuraten, dass man sich, gerade in Anbetracht der neuen Umsatzsteuerregelung ausreichend über den ausgewählten Anbieter von Online Glücksspiel informieren und dessen AGBs gelesen haben sollte, bevor man die erste Einzahlung tätigt.
Ansonsten bleibt abzuwarten, wie sich die Situation im Laufe von 2022 entwickelt. Die EU hat weitere Analysen der verschiedenen, nationalen Glückspielregelungen angekündigt und auch die deutschen Rechtsinstanzen werden wohl einige Anpassungen ihrer Regelwerke vornehmen müssen, um die Vorgaben der Europäischen Union in puncto Glücksspiel zu erfüllen.